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Freimuͤthige Gedanken bei Gelegenheit der
neuerrichteten Univerſitaͤt in
Berlin.
(Fortſetzung.)
Aber dann muß es auch hoͤchſter Zweck der Indivi⸗
duen dieſes Standes werden, einen
beſondern Stand 5
in dieſem beſonderen Staate zu bilden; die bisherige
bloß cosmopolitiſche Richtung des Gelehrten, wobei
dieſer Stand
zerſplittert worden, und um ſeine Ehre
gekommen, muß balancirt und regulirt
werden durch
eine vaterlaͤndische; man muß
einſehn, daß die 10
literariſche Republik, ſo gut wie die politiſche, von
Rechtswegen in beſondere Gebiete zerfaͤllt; daß es fuͤr
die
Wiſſenſchaften ſo gut wie fuͤr das praktiſche Leben
ein naͤheres und ein
entfernteres, ein wichtigeres und
ein unwichtigeres, und keine Liebe ohne
Vorliebe giebt. 15
Bedeuten kann in dieſer Welt nur, was das Ge⸗
meinweſen foͤrdert,
gleichviel auf dem ſichtbaren oder
unſichtbaren Wege. Wollen die Gelehrten in dieſem
beſtimmten Preuſſiſchen
Staate bedeuten, ſo muͤſſen
ſie zunaͤchſt ihm dienen. Zu einem bloßen Gaſtmahl 20
fuͤr die wiſſenſchaftlichen Gourmands von Europa, wird
die Univerſitaͤt nicht
geſtiftet; zufoͤrderſt ſind die Zei⸗
ten nicht danach, und dann iſt auch den Gelehrten
wie
den Layen, der fruͤhere wiſſenſchaftliche Luxus uͤbel
bekommen. Die Gelehrten zumal ſind dem vaterlaͤndi⸗25
ſchen Boden untreu geworden, ein leerer,
ewig unbefrie⸗
digter
Eroberungsgeist hat ſich ihrer bemeiſtert, ſie ha⸗
ben ſich alle Reiche und Zeiten der Welt vom Teufel
aufbinden laſſen, ſind deshalb mit Recht um die Ehren
ihres beſondern Standes gekommen, und haben zuletzt 30
Titel und Penſionen als
Almoſen von demſelben Staate
[ 3 ]12hinnehmen
muͤſſen, den ſie haͤtten mit Stolz tragen
helfen koͤnnen.
Der naͤchſte Zweck alles hoͤheren Unterrichts iſt die
Bildung des Staatsbeamten und da nehme ich dieſes 35
Wort in
dem umfaſſenden Sinn, wo jeder Buͤrger des
Staats, und der Gelehrte ganz
beſonders, wie er es
ja auch will oder wenigſtens ſcheinen moͤchte,
Staats⸗
beamter
iſt; und die hoͤchſte Verirrung der Erziehung
iſt, wenn ſie bloß fuͤrs
Allgemeine, ins Blaue, Ent⸗40
fernte hin, erzieht, und vor aller Humanitaͤt und Phi⸗
lanthropie nicht zum Stehen und
Wirken kommt.
Wenn der chriſtliche Glaube in
ſeiner Glorie beſtaͤn⸗
de,
wie damals als Bologna,
Paris und Prag
bluͤhe⸗
ten, dann gaͤbe es ein großes Beſonderes, Beſtimmtes
45
und Naͤchſtes, welches dem Streben der Wiſſenſchaften
ins Allgemeine und Entfernte die Wage hielte: jetzt
aber koͤnnen die
Wiſſenſchaften nur Leben und Umriß
erhalten, wenn ſie ſich in freier
Dienſtbarkeit dem
Staate anſchließen. Aufgeſpeichert, geſammelt, ent⸗50
deckt, emendirt iſt genug; uͤberfluͤſſig viel wiſſenswuͤr⸗
diges hat das letzte Saͤkulum
zuſammengeſchleppt.
Von keiner andern Seite iſt
den Wiſſenſchaften mehr
zu dienen, als dadurch, daß man ihnen die
lebendigen
Beziehungen, die praktiſche Kraft, das Fleiſch und Blut 55
wiedergebe, welches ſie in der Barbarei der letzten Zei⸗
ten verlohren haben.
(Beſchluß folgt.)
An unſern Iffland
bei ſeiner Zuruͤckkunft in Berlin60
den 30. September 1810.
Ihm, der ſich treu bewaͤhrt;
Dem Kuͤnſtler, der heut’ wieder
In Eure Mitte kehrt. 65
13 In fremden Landen glaͤnzen,
Iſt Ihm kein wahres Gluͤck:
Berlin ſoll Ihn umkraͤnzen,
Drum kehret Er zuruͤck.
Mit furchterfuͤllter Bruſt.
Ach! ſeufzten Volk und Weiſen:
Nie kehret unſre Luſt!
Nein Freunde, nein! und ſchiede
Er mehr Mal’ auch im Jahr, 75
Daß Er Euch Euch immer gaͤnzlich miede
Wird nie und nimmer wahr.
Kann dieſes Band vergeh’n;
Stets auf geweih’ten Brettern 80
Wird Er, ein Heros, ſteh’n;
Wird dort als Fuͤrſt regieren
Mit Kunſtgeuͤbter Hand,
Und unſre Buͤhne zieren
Und unſer Vaterland! 85
Von einem
Vaterlaͤndiſchen Dichter.
Franzoſen-Billigkeit.
(werth in Erz gegraben zu werden.)
Zu dem franzoͤſiſchen General Hulin kam, waͤhrend des
Kriegs, ein .... Buͤrger, und gab, Behufs einer kriegſrechtlichen90
Beſchlagnehmung, zu des
Feindes Beſten, eine Anzahl, im Pon⸗
tonhof liegender, Staͤmme an. Der General,
der ſich eben anzog,
ſagte: Nein, mein Freund; dieſe Staͤmme koͤnnen wir nicht
neh⸗
men. — „Warum nicht?“ fragte der Buͤrger. „Es iſt
koͤnig⸗
liches
Eigenthum.“ — Eben darum, ſprach der General, indem 95
er ihn fluͤchtig anſah. Der Koͤnig von Preußen braucht dergleichen
Staͤmme, um ſolche Schurken daran haͤngen zu
laſſen, wie er. —
Polizei-Rapport.
Vom 3. October.
Der Schreiber Seidler, Friedrichsſtraße Nr. 56, 100
hat geſtern in der letzten Straße
einen ſogenannten
Brandbrief gefunden, nach deſſen Inhalt Berlin binnen
wenigen Tagen an 8
Ecken angezuͤndet werden ſoll.
Das Publikum braucht gleichwohl, bei der Wachſam⸗
keit der oberſten Polizei-Behoͤrde,
keinen unzweckmaͤßi⸗105
gen
Beſorgniſſen Raum zu geben.
Die Dienſtmagd Schleſke, fruͤherhin ſchon in Cri⸗
minal-Unterſuchung, wurde von Polizeiwegen recher⸗
chirt, und bei ihr und
außer mehreren, ihrer jetzigen
Herrſchaft, dem Branntweinbrenner Stachow
gehoͤri⸗110
gen Sachen, 127
Rthlr. baar Geld, wahrſcheinlich an
14 verſchiedenen Orten
zuſammengeſtohlen, aufge⸗
funden.
Bei der Reviſion der Fleiſchergewichte und Waa⸗
gen ereignete ſich der ſonderbare Fall, daß
bei dem 115
Schlaͤchter Krauſe, in
dem Poſtſtraßen-Scharren, zwei
Gewichte à 8
℔.
℔
und 5
℔.
℔
um ein Betraͤchtliches zu
ſchwer waren.
Im vorigen Monat ſind, durch die Wachſamkeit
der Polizei-Commiſſarien 18 Concubinate in geſetzmaͤ⸗120
ßige Ehen verwandelt worden.
Gegen den, nach dem Rapport vom 1ſten dieſes
verhafteten Vagabonden wird die
Unterſuchung fort⸗
geſetzt,
und duͤrfte ein fuͤr das Publicum beruhigendes
Reſultat geben. Er ſcheint danach wirklich bei den 125
kuͤrzlich ſo haͤufigen
Feuersbruͤnſten thaͤtig geweſen zu
ſein; jedoch ſind die diesfaͤlligen Unterhandlungen vor
dem Schluß der Unterſuchung
nicht zur Publicitaͤt
ge⸗
eignet.